Wort in der Krise | 3. April 2020

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Jesus geht über den Jordan

von Pastoralreferent Kunibert Frank

Im heutigen Evangelium begegnet uns eine Formulierung, die als Redewendung für Sterben, Tod und Untergang steht. „Dann ging Jesus weg, auf die andere Seite des Jordans“ (Joh 10,40). Jesus, der „über den Jordan geht“, dem Untergang geweiht? Diese Einschätzung verdichtet sich durch die Tatsache, dass dem Ortswechsel ein heftiger Wortwechsel mit aufgebrachten Widersachern vorausging und ein unbändiger Mob wiederholt beabsichtigte ihn zu steinigen. „Doch er konnte sich ihrem Zugriff entziehen.“ Wir sehen Jesus in einer unmittelbaren lebensbedrohlichen Lage. Wie geht er damit um?

Im Evangelium heißt es: „Er ging an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte. Und dort blieb er.“  Jesus flieht also nicht irgendwo hin, einfach nur weit weg von der Gefahr. Er geht bewusst an den Ort, wo er einst von Johannes getauft wurde. An diesem Ort hat sich der Himmel geöffnet, Gottes Geist auf ihn niedergelegt und die Berufung für sein Leben bestätigt. Sein Gang über den Jordan wird damit gerade nicht zu einer kopflosen Flucht in die bange Ungewissheit oder den gnadenlosen Untergang, sondern ein Übergang ins Leben, in die Gewissheit, dorthin, wo sich ihm der tiefe Sinn seines Lebens und seiner Berufung erschlossen hat.

Jesu sieht sich da ganz in der Tradition seines Volkes Israel. Mit dem Überschreiten des Jordans wird ein entscheidender Wechsel vollzogen: heraus aus der lebensfeindlichen und todbringenden Wüste hinein ins „Gelobte Land“ ins volle Leben. Die Symbolkraft dieses Übergangs hat leider in der weiteren Tradition an Bedeutung eingebüßt. Es kam zu einer Reduzierung auf den Akt des Sterbens, der für den frommen Christen den Übergang ins Himmelreich eröffnet. Für Jesus steht allerdings noch fest: Der Übergang vollzieht sich vom Tod ins Leben, hier und jetzt.

Auch in unserer Krise geht es um Leben und Tod. Doch mit Jesus können wir – im Geiste – an die „Orte“ unserer Lebensgeschichte zurückkehren, wo sich uns der Wert unseres Daseins und der Sinn unseres Lebens erschlossen hat. Diese „Orte“ können zu Kraftquellen werden, an denen wir wieder auftanken können.

In den Kommentaren können Sie gerne Ihre Gebetsanliegen (Fürbitten) oder Ihre Gedanken mit uns teilen. In Ihren Anliegen wird in den nichtöffentlichen Eucharistiefeier am jeweiligen Tag oder im Folgegottedienst gebetet.

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